Abhängigkeiten
- Vanessa
- 5. Dez. 2023
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Dez. 2023
Eigenschaften des toxischen Familiensystems
Abhängigkeiten, in jedweder Form sind zentraler Bestandteil des toxischen Familiensystems.
Grundsätzlich sollen alle Familienmitglieder vom narzisstischen Elternteil abhängig sein.
Kinder von Narzissten wachsen in einem unfreien Umfeld auf indem die Eltern schon in ihrer Beziehung ungesunde Abhängigkeitsverhältnisse vorleben. Dabei laufen diese Abhängigkeiten nicht linear von einer Person zur anderen, sondern bestehen vielmehr auf beiden Seiten. Sowohl der Partner ist abhängig von dem narzisstischen Part wie auch der Narzisst von seinem Partner. Oft kommt in solch einer ungesunden Dysbalance der Partnerschaft auch eine Co-Abhängigkeit zu Tage.
Der Partner hat das Gefühl, er wäre ohne den narzisstischen Part nichts wert und unfähig ein selbstständiges Leben zu führen. So eine vorgelebte Co-Abhängigkeit kann sich auch in der Beziehung der Kinder zu ihrem narzisstischen Elternteil wiederfinden.
Auch hier hängt dann das Selbstwertgefühl des Kindes an der Launenhaftigkeit des narzisstischen Elternteils: Der Wunsch den Narzissten zufrieden zu stellen, um selbst so etwas wie ein Sicherheitsgefühl zu empfinden, ist übermächtig und prägt das ganze spätere Erwachsenenleben.
Doch auch wenn der narzisstische Elternteil emotionale (oder finanzielle) Abhängigkeiten provoziert und aufrecht erhalten will, um seine Machtposition zu stärken, ist auch er abhängig von den anderen Familienmitgliedern – auch wenn der Narzisst selbst das niemals zugeben würde.
Denn er braucht die schweigsame Loyalität aller Familienmitglieder, um überhaupt erst Missbrauch betreiben zu können. Würden diese ihr Schweigen brechen, so wäre seine gesamte Fassade einer heilen Familie und der perfekten Mutter-/Vaterrolle zunichte gemacht. Und für jemanden, der keine Verantwortung für sein Handeln übernimmt, wäre das einer Katastrophe sehr nahe und würde eine narzisstische Krise auslösen.
Doch so lange noch einzelne Familienmitglieder das Schauspiel des Narzissten unterstützen, stört es den narzisstischen Elternteil tatsächlich nur wenig, wenn beispielsweise ein Kind seine Masken aufdeckt. Denn wie will man als Kind einen Elternteil „bestrafen“, der unfähig ist Liebe zu empfinden? Die Wahrheit ist eine andere: Für den Narzissten ist nichts wichtiger wie sein Schauspiel einer Familie fortsetzen zu können.
Und das funktioniert auch mit weniger Statisten auf seiner Bühne. Sicherlich müssen dann Rollen umgeschrieben werden und emotionale Lücken gefüllt werden – doch von den übrig gebliebenen Familienmitgliedern, nicht vom Narzissten selbst.
Dieser spielt weiterhin ungestört seine Lieblingsrolle auf seiner Bühne. Würde der Narzisst zulassen, dass das Fehlen eines Familienmitglieds wichtig für ihn wäre – dann würde er auch zugeben, dass er nicht der Hauptdarsteller seiner Familie ist. Absolut unvorstellbar für den Narzissten. Deshalb wird der Narzisst jedes Fehlen einer einzelnen Person schlussendlich akzeptieren – um seine Position nicht zu gefährden.
Narzisstische Methoden des Missbrauchs wie eine Schmähkampagne gegen den „Abtrünnigen“ bei den restlichen Familienmitgliedern zu starten, werden selbstverständlich immer Anwendung finden. Doch würde der Narzisst seine Position und die Rolle des ewigen Opfers gefährden, wenn er dem Ganzen zu viel Aufmerksamkeit schenken würde. Die Botschaft an jeden soll lauten: „Das Familienschauspiel geht weiter – auch ohne dich.“
Geblendet von seinem Größenwahn würde es ihm niemals in den Sinn kommen, dass jemand nicht Statist auf seiner Bühne sein will. Das jemand ihn gerne und freiwillig verlassen möchte – das ist nicht Teil der narzisstischen Vorstellungswelt. Die Botschaft richtet sich jedoch auch an die übrigen Familienmitglieder: „Person X/Y spielt keine Rolle mehr, so könnte es euch auch ergehen.“
Doch auch hier ist die Wahrheit wie so oft eine andere: Wie soll der Narzisst ohne Statisten und Publikum seine Bühne füllen, sein Theaterstück fortsetzen? Er kann nicht alleine auf seiner Bühne existieren – würde ihm die Familie den Rücken kehren, wäre das sein Ende.
Dementsprechend ist es für den Narzissten existenziell die Familienmitglieder in Abhängigkeit zu halten und ihnen aber gleichzeitig ihre eigene Unwichtigkeit und Ersetzbarkeit zu spiegeln.
Die einzelnen Familienmitglieder sind absolut ersetzbar für den Narzissten – emotionaler Natur, da er schlussendlich zu niemandem eine emotional tiefergehende Bindung hat. Doch er braucht nun mal körperlich anwesende Familienmitglieder – das ist die traurige Wahrheit. Um eine Vaterfigur oder Mutterfigur darzustellen, braucht man keine gute Verbindung zu seinen Kindern, aber man braucht nun mal anwesende Kinder. Deshalb reicht dem narzisstischen Vater, der narzisstischen Mutter ein Anruf zum Geburtstag, Geschenke zum Mutter-/Vatertag oder ein halbherziger Besuch an den Feiertagen völlig – so lange es seinem/ ihrem Schauspiel genügt.
Commentaires