Narzisstische Großeltern - Narzissmus in der Familie
- Vanessa
- 5. Mai
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Die Großeltern spielen eine nicht unerhebliche Rolle im Umgang mit Narzissmus in der Familie. Tatsächlich wird kein Kind als Narzisst geboren. Narzissmus ist eine psychische Störung, die durch emotionale Vernachlässigung und gleichzeitige Überhöhung ohne echtes Interesse am Kind durch die Eltern gefördert wird. Fehlende Empathie und echte Zuneigung hinterlassen Mängel beim Kind, die auch als Erwachsener schwer oder gar nicht zu füllen sind.
Als Kind selbst mit diesem Mangel groß geworden, gibt der Narzisst diesen in gleicher Form an seine Kinder weiter. Bei wem Narzissmus bzw. narzisstischer Missbrauch in der Familie auftritt, wird sich schon mitunter gefragt haben, woher der Narzissmus seinen Ursprung hat: Denn Narzissten erziehen Narzissten. Wer einen narzisstischen Elternteil hat, dem ist es schlichtweg nicht möglich eine emotional stabile und gesunde Bindung zu seinen Eltern zu leben. Das soll den narzisstischen Missbrauch keineswegs schmälern, rechtfertigen oder verharmlosen. Es kann immer nur eine Erklärung für das gelebte destruktive Verhalten der Familienmitglieder sein, aber keinesfalls eine Entschuldigung: Jeder Erwachsener, der in einem toxischen Familiensystem in seiner Rolle bleibt, entscheidet sich dafür in dieser Rolle zu sein.
Bei den Großeltern findet der Narzisst dann oft auch seine größten Unterstützer, insbesondere wenn der narzisstische Elternteil selbst als Lieblingskind oder Geliebtes Kind erzogen worden. Hier kann dann auch der erwachsene Narzisst absolut nichts falsch machen und wird bei Kritik von außen vehement und unreflektiert „geschützt“. Doch wer wen schützt ist im toxischen Familiensystem leider ein Kreislauf, der nur eines zum Ziel hat: Den Missbrauch verdeckt zu halten.
Ist das Ungeliebte Kind nun der erwachsene Narzisst mit seiner eigenen Familie, so wird dieser zwar keine vehemente Unterstützung durch die eigenen Eltern erfahren, aber es wird ihn auch keiner für sein Handeln verurteilen oder gar darauf ansprechen. Auch hier ist weiterhin die oberste Priorität, alles „normal“ aussehen zu lassen und das funktioniert nun mal am einfachsten durch aktives Wegschauen.
Die fehlende Wertschätzung gegenüber dem erwachsenen Kind wird sich auch weiter wie ein roter Faden durch die Familienstrukturen ziehen.
Die narzisstischen Großeltern helfen nicht, aber verurteilen gerne.
Wird die narzisstische Mutter nun Großmutter, ist sie keine fürsorgliche und liebevolle Großmutter, sondern sie spielt die fürsorgliche und liebevolle Großmutter. Es gibt gar keine andere Möglichkeit. Denn das Konzept von selbstloser und fürsorglicher Liebe ist etwas, dass dem Narzissten völlig fremd ist. Ehrliche Zuwendung und Aufmerksamkeit existiert nicht. Bei Neugeborenen und Babys können narzisstische Großeltern durchaus „ehrliches“ Interesse und emotionale Zuwendung zeigen.
Doch sobald die Kinder ihre eigene Persönlichkeit zum Ausdruck bringen wollen, steht der Narzisst vor dem gleichen Problem wie mit seinen eigenen Kindern. Den eigenen Willen zeigen, bedeutet für den Narzissten Kritik an der eigenen Person, auch für die narzisstischen Großeltern. Das heißt die typischen Verhaltensweisen einer narzisstischen Mutter zeigen sich in einer mehr oder weniger ausgeprägten Form auch als Großmutter. Die Intensität des narzisstischen Missbrauchs durch die Großeltern ist dabei abhängig wie viel Zeit sie mit den Enkeln verbringen, ob Treffen alleine stattfinden und – ich muss es so deutlich sagen – von der Blindheit der Eltern.
Grundsätzlich werden narzisstische Großeltern vor allen Dingen eines immer wieder zu betonen wissen: Ihre Sonderrechte als Großeltern. Ganz dem Motto, was deins ist, ist auch meins, macht natürlich die Übergriffigkeit des Narzissten auch vor dem Enkelkind nicht Halt. In Bezug auf die frischgebackenen Eltern heißt das: „Ich mache was ich will, ich weiß es besser,“ „Ich habe besondere Rechte,“ „Zu meiner Zeit hätte man das so und so gemacht“ usw. In Bezug auf das Enkelkind, wenn es älter ist: „Wir machen das, was ich will,“ „Ich gebe dir etwas (Geschenke), dafür will ich jedoch auch etwas von dir“ usw.
Auch narzisstische Großeltern wollen natürlich Zeit mit ihren Enkeln verbringen, doch unter der Prämisse das echte Fürsorge nicht existiert, hat alles einen Haken für die Neu-Eltern.
Das heißt es mag vielleicht sein, dass von der narzisstischen Großmutter das Angebot kommt z.B. mit dem Baby im Kinderwagen spazieren zu gehen. Doch ein typisch narzisstisches Verhalten wäre es, länger als abgesprochen unterwegs zu sein und gleichzeitig nicht mehr erreichbar zu sein. Weil das Handy aus war oder vergessen wurde. Dass die Eltern hier zu Hause voller Ungewissheit warten und leiden, ist gewollt. Hat die narzisstische Großmutter Lust auf einen langen Spaziergang, dann macht sie das. Auch wenn das Baby schreit.
Vorher getroffene Absprachen werden getrost ignoriert, denn: die narzisstische Oma weiß es besser.
Das Ergebnis: Gestresste Eltern und eine zufriedene Großmutter, denn ihr Narzissmus wurde befriedigt. Sie hatte in der Situation die absolute Macht, sowohl über das Enkelkind, wie auch über die erwartete Reaktion der Eltern. Nicht die Eltern des Kindes haben bestimmt, wie lange sie Zeit mit ihrem Enkel verbringt, sondern sie alleine gibt die Vorgaben wie viel Zeit sie mit ihren Enkeln verbringen möchte. Hat sie Lust zwei Stunden spazieren zu gehen? Dann macht sie das, ungeachtet der Wünsche der Eltern oder dem Befinden des Kindes. Hat sie Lust heute nur kurz mit ihrem Enkelkind zu spielen? Dann macht sie das. Will sie ihr Enkelkind jeden Tag sehen? Dann macht sie das. Die narzisstischen Bedürfnisse stehen immer über den Bedürfnissen des Kindes – ungeachtet wessen Kind es ist.
Gleichzeitig kommen den narzisstischen Großeltern gesonderte Rechte zu. So MUSS die narzisstische Großmutter beispielsweise unbedingt die Erste sein, die von der Geburt des Kindes erfährt. Sie MUSS als Erste das Baby im Krankenhaus besuchen. Sie MUSS im Wochenbett zu Besuch kommen. Sie hat besondere Privilegien, von denen sie nicht müde wird, diese regelmäßig einzufordern. Eben wann immer es ihr beliebt. Jedoch sind diese Privilegien sowohl an ihre Laune gebunden, wie auch an ihrem Interesse bezüglich des Kindes. Nicht jedes Enkelkind wird das Recht haben von der narzisstischen Großmutter Aufmerksamkeit zu bekommen. Insbesondere wenn die Kinder älter werden, wird sich auch hier wieder die Ungleichbehandlung der Kinder fortsetzen.
Gleichzeitig sind die Kinder des eigenen Geliebten Kindes natürlich immer die Favoriten der narzisstischen Großeltern, während die Enkelkinder des Schwarzen Schafs in der Familie grundsätzlich das Nachsehen haben. Ihnen wird die gleiche ungerechte Behandlung zuteil, wie es schon ihre Eltern erfahren mussten.
Die Grenzenlosigkeit der narzisstischen Großeltern wird sich wie oben erwähnt schon mit der Geburt des Kindes zeigen. Die Unfähigkeit Grenzen Anderer zu respektieren macht auch vor dem Enkelkind nicht Halt. Auf die einzigartige Persönlichkeit des Kindes kann deshalb keine Rücksicht genommen werden. Eine narzisstische Großmutter kann das auch nicht. Wenn sie schon als Mutter nicht willig war, ihren Kindern Raum für deren Individualität und Gefühle zuzugestehen, wie könnte sie das also bei ihrem Enkelkind? Die „typischen“ Verhaltensweisen, die Mechanismen, die Unfähigkeit sich selbst Ausdruck zu verleihen und die Starrheit im Denken und Handeln – all das wird sich auch in der Rolle der Großeltern in mehr oder weniger aggressiver Form zum Vorschein kommen.
Hier kommt auch das eingefahrene Denken über Hierarchien in der Familie zu Tage: Die Erwachsenen haben grundsätzlich Recht – im Gegensatz zu den Kindern. Kinder sollten ihren Eltern gehorchen. Kinder sollten Respekt vor ihren Eltern haben. Egal was die Eltern tun oder nicht tun – sie haben Recht damit. Es ist doch nur zu ihrem Besten. Diese völlig überholte Ansicht ist ein Überbleibsel der autoritären Erziehung aus vergangenen Tagen und damit Teil des Weltbildes genau dieser Generation. Solche starren Hierarchien innerhalb der Familie spielen dem Narzissten natürlich in die Karten – einfacher geht es kaum für den narzisstischen Elternteil. Diese strukturellen Dynamiken waren nicht nur „schon immer so“, sondern erlauben auch keine Widerworte seitens der Kinder. Sie haben schlichtweg kein Recht dazu. Typisch narzisstisch also.
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