Narzissmus in der Familie: Warum kann ich mein Trauma nicht mit der Familie lösen? - Teil 1
- Vanessa
- 9. Jan.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 24. Apr.
Das ist eine Frage, die sich viele Betroffene aus toxischen Familiensystemen stellen. Es ist der berechtigte Wunsch auf Besserung, auf Harmonie, auf Einsicht, auf Entschuldigungen, auf Erklärungen, auf Frieden, auf Trost, auf Liebe. Darauf, dass die kindlichen Bedürfnisse vielleicht doch noch erkannt und gewürdigt werden. Darauf, dass der innere Knoten und die inneren, wie auch die äußeren Konflikte sich vielleicht doch noch lösen lassen.
Doch warum geht das nicht?
Opferrolle

Muss man einem Täter erklären, dass er ein Täter ist? Muss man einem Mörder erklären, dass er einen Mord begangen hat? Meinst du nicht, die Menschen wissen was sie getan haben? Meinst du nicht, dass sie im vollen Bewusstsein ihre Taten begangen haben? Wie würde es sich anfühlen, wenn du jemandem seine (offensichtliche) Taten und den damit verbundenen Schaden an dir erklären müsstest? Und das immer wieder aufs Neue.
Würde dich das nicht in eine demütigende Position bringen? Weil du immer wieder erklären und rechtfertigen müsstest, dass doch bitte du das Opfer bist und nicht der andere Part?
Das ist das Problem, wenn man als Erwachsener noch weiterhin das Ziel verfolgt die traumatischen Erlebnisse mit der Familie zu klären: Man begibt sich immer wieder in die Opferrolle, wenn man versucht einen klärenden Dialog zu führen.
Man bleibt nicht nur das Opfer, man wirkt aktiv an der eigenen Opferrolle mit.
Du überlässt deinem Gegenüber immer wieder die Macht über die Konflikte und über dein Empfinden. So lange du dich in diesem Kreislauf befindest, entscheidet IMMER der andere, ob er deine Wünsche gnadenlos abblockt oder dir emotionale Brotkrümel hinschmeißt, um dich zu täuschen.
In jedem Fall siehst du deine Erwartungen nicht erfüllt und findest dich wieder ohne Lösung in der gleichen schlechten Ausgangsposition wieder. Du hast wieder Energie und Zeit investiert und findest dich doch nur wieder alleine und ratlos vor.
Der Wunsch alles zu klären, ist nicht der Wunsch eines Erwachsenen, der erkannt hat, dass er schlecht behandelt wird, sondern der Wunsch des verwundeten Inneren Kindes, das sich Frieden und Trost wünscht. Aus diesem Mangel heraus agiert jedoch auch der Erwachsene hilflos wie das Kind, das er einst war.
Verantwortung
Fehlendes Verantwortungsbewusstsein ist nun einmal eines der Grundmerkmale eines dysfunktionalen Familiensystems.
Mit dem Wunsch das eigene erlebte Leid für die restlichen Familienmitglieder fassbar zu machen und die Konflikte klären zu wollen, verschiebst du die Verantwortlichkeiten weg von den anderen hin zu dir selbst. Wer ist verantwortlich für dein Leiden? Wer ist verantwortlich für die Spannungen? Wer ist verantwortlich für die Konflikte, den Ärger, die Streitigkeiten, den Stress? Bist du es selbst?
Denn wann immer du versuchst in den Dialog zu treten und die (nicht von dir) verursachten Probleme zu lösen, übernimmst du den verantwortlichen Part. Doch sollte es nicht umgekehrt sein? Sollte nicht jemand zu dir kommen, mit den Worten „Ich habe dir Unrecht getan“?
Es sollte wohl die Aufgabe derjenigen sein, die die Konflikte ausgelöst haben, diese auch klären oder zumindest er-klären zu wollen. Doch diese sehen keinen Anlass dazu.
Hör auf, Verantwortung für andere zu übernehmen.
Du bist verantwortlich, ja.
Doch nicht für die negativen Erfahrungen, die du machen musstest. Nicht für das Leid, das du erfahren hast. Du bist auch nicht verantwortlich dafür dieses Leid denjenigen, die es dir zugefügt haben, zu erklären.
Deine einzige Verantwortung liegt darin, dich um dich selbst zu kümmern.
Du bist verantwortlich für deine Gesundheit und für deinen Umgang mit den negativen Erfahrungen. Es liegt einzig und allein an dir, wie du diesen Umgang gestaltest.
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